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Aus: Ausgabe vom 12.10.2024, Seite 8 / Kapital & Arbeit
Krankenhäuser in der Krise

»20 Prozent sollen vor die Tür gesetzt werden«

Jüdisches Krankenhaus Berlin: Geschäftsführung plant Entlassungen von Pflegepersonal. Ein Gespräch mit Daniel Reuter
Interview: Simon Zamora Martin
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Beschäftigte des Jüdischen Krankenhauses Berlin streiken für mehr Personal (18.1.2024)

Die Geschäftsführung des Jüdischen Krankenhauses Berlin möchte 76 Pflegehilfskräfte entlassen. Wer ist davon betroffen?

Insgesamt sind 46 Servicekräfte, die etwa für die Speiseversorgung auf den Stationen zuständig sind, und 30 Pflegehilfskräfte betroffen, die sich um die Grundpflege von Patienten wie Körperhygiene und Inkontinenzversorgung kümmern. Sie alle sind als Pflegehilfskräfte eingestellt. Ab dem 1. Januar übernimmt die Krankenkasse nur noch die Personalkosten für Fachkräfte, weshalb die Geschäftsführung jetzt rund 20 Prozent des Pflegedienstes vor die Tür setzen möchte.

Das klingt nach einem drastischen Schritt.

In der Tat. Zwar verspricht die Geschäftsführung die Einstellung von zusätzlichem Fachpersonal, und die Servicetätigkeiten sollen von einem externen Dienstleister erbracht werden. Aber eine Weiterbildung der Pflegehilfskräfte will man nicht finanzieren. Und der externe Dienstleister wird Servicekräfte nicht nur zu einem viel schlechteren Lohn einstellen, sondern auch viel weniger von ihnen. Das hat die Geschäftsführung auch so kommuniziert.

Wie würden Sie die Stimmung im Betrieb beschreiben?

Sehr schlecht. Die betroffenen Kolleginnen und Kollegen, die teilweise seit über 30 Jahren bei uns im Haus arbeiten, sind wütend und enttäuscht. Seit 2022 ist klar, dass sich die Finanzierungsgrundlage für sie ändert, aber die Geschäftsführung hat keinerlei Maßnahmen ergriffen. Viele Servicekräfte fühlen sich als Spielball, weil sie bereits zum zweiten Mal ausgegliedert werden sollen. Und auch die Pflegefachkräfte sehen ganz klar, dass mit den Entlassungen wichtige Leute wegbrechen, die uns heute bei den häufigen Unterbesetzungen den Arsch retten.

Werden sich die Entlassungen auf die Qualität der Pflege auswirken?

Ich fürchte ja. Pflegehilfskräfte sind am nächsten an den Patienten dran. Nicht nur bei der Körperpflege, sondern auch bei der emotionalen Arbeit. Und auch beim Service fürchte ich, dass die Qualität sinken wird. Unsere Servicekollegen kennen durch ihre jahrelange Erfahrung die Stationen und ihre Patienten sehr gut. Sie wissen genau, wer gerade auf welcher Diät ist, wer vor dem Essen seine Insulinspritze kriegen muss, welche Patientin dieses oder jenes Essen nicht mag. Und sie gehören seit vielen Jahren einfach fest zum Team. Die Arbeitsbedingungen in der Pflege sind allgemein sehr bescheiden. Was Fachkräfte hier in dem relativ kleinen Haus hält, ist die familiäre Atmosphäre. Jeder kennt jeden. Wenn 20 Belegschaftsangehörige nach 20, 30 Jahren im Betrieb plötzlich vor die Tür gesetzt werden, sagen viele Fachkräfte: dann gehe ich auch.

Sie haben im Januar 2024 einen Tarifvertrag erkämpft. Sind die geplanten Entlassungen nicht auch eine Aufkündigung dieses Vertrages?

Wir haben damals schlechtere Ergebnisse für die Pflegefachkräfte hingenommen, um eine Mindestbesetzung für das Servicepersonal tarifieren zu können. Das Problem ist, dass der Tarifvertrag bis heute nicht unterzeichnet wurde, weil die Geschäftsführung seit Monaten die Redaktionsverhandlungen blockiert. Jetzt beruft sich der Arbeitgeber auf strukturelle Veränderungen und möchte nachverhandeln. Wie der gesamte Prozess weiter geht, werden wir zeitnah in einer Sitzung der Tarifkommission entscheiden.

Wie wollen Sie sich gegen die Entlassungen wehren?

Am Sonnabend machen wir zusammen mit dem Bündnis »Gesundheit statt Profite« eine Kundgebung vor dem Haupteingang des Krankenhauses, wo neben Kolleginnen und Kollegen auch verschiedene Stadtteilorganisationen, Politiker und Patienten reden werden. Wir fordern von der Geschäftsführung und der Landespolitik die Rücknahme der Kündigungen. Das Land muss seiner Verantwortung der Krankenhausfinanzierung nachkommen und auch die 50 Millionen Euro an Baukosten für ein neues Bettenhaus übernehmen, das gerade auf dem Rücken der Beschäftigten finanziert wird.

Solidarität jetzt!

Das Verwaltungsgericht Berlin hat entschieden und die Klage des Verlags 8. Mai abgewiesen. Die Bundesregierung darf die Tageszeitung junge Welt in ihren jährlichen Verfassungsschutzberichten erwähnen und beobachten. Nun muss eine höhere Instanz entscheiden.

In unseren Augen ist das Urteil eine Einschränkung der Meinungs- und Pressefreiheit in der Bundesrepublik. Aber auch umgekehrt wird Bürgerinnen und Bürgern erschwert, sich aus verschiedenen Quellen frei zu informieren.

Genau das aber ist unser Ziel: Aufklärung mit gut gemachtem Journalismus. Sie können das unterstützen. Darum: junge Welt abonnieren für die Pressefreiheit!

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